Über Leichtigkeit in der Reisefotografie

Ich glaube, jeder reist gerne. Und viele werden dabei sicherlich auch gerne Fotos machen. Ich spreche jetzt speziell diejenigen an, die neben dem Smartphone noch mit einer normalen Kamera ihre Fotos machen – was durchaus in vielen Fällen noch absolut seine Berechtigung hat. Reisen und Fotos machen bereitet aber zusammen nur Vergnügen, wenn das Mitschleppen der Ausrüstung nicht als Bürde empfunden wird – und die Kamera gerne mitgenommen wird.

Es gibt nicht den Reisenden oder die Kamera. Unsere Anforderungen an unsere Reisen oder Ausrüstung sind durchaus unterschiedlich. Ich hatte Touren, da war ich mit mehr als 10 Kilo an Glas, Kameras und dergleichen unterwegs. Das würde ich mir heute nicht mehr antun wollen.

Die Gewichtsfrage

Fernab jeder Esoterik erzeugt man Leichtigkeit durch möglichst wenig Gewicht. Ist natürlich irgendwie logisch – je weniger etwas wiegt, umso weniger Anstrengungen oder sogar Schmerzen bedeutet es, eine Sache mitzunehmen. Und wenn die Mitnahme einer Sache keine Anstrengung bedeutet, dann bedeutet es auch keine Mühe, sie immer bei sich zu führen.

Das ist übrigens der Hauptgrund gewesen, warum ich meine alte Spiegelreflex komplett verkauft hatte – das Gewicht der Kamera plus der Objektive und eines passenden Trageutensils belastete mich bei längeren Tagestouren. Also habe ich es nicht so häufig bei mir gehabt, wieder ich gerne wollte.

Eine gute Faustformel ist, dass eine Umhängetasche oder Rucksack nicht mehr als +/- 5% des Körpergewichts wiegen sollte, um nicht als Belastung empfunden zu werden. Bei einem 80 Kilo schweren Menschen wären es dann 4 Kilo, bei einem Leichtgewicht wie mir mit etwa 66-70 Kilogramm kommen dann 3,2-3,5 Kilogramm heraus.

Wenn es einige hundert Gramm mehr ergibt, dann ist das sicherlich nicht der Beinbruch – aber 10% vom Körpergewicht wären dann schon 6,5 bis 7 Kilo in meinem konkreten Fall. Und wer schonmal solch ein Gewicht den ganzen Tag mit sich herumgeschleppt hat, der weiß: Das geht, aber angenehm ist es nicht.

Die Systemfrage

Hierbei soll es nicht um die Frage Vollformat vs. Crop, Spiegellose vs. Spiegelreflexkamera usw. gehen. Mit System meine ich das Ökosystem eines Kameraherstellers wie beispielsweise Canon, Nikon, Sony, Olympus, Panasonic, Fujifilm usw.

Was meine ich damit? Es ist eigentlich ganz einfach: Neben subjektiven Eindrücken bei den unterschiedlichen Kameras gibt es auch weitere Faktoren die einem dabei helfen können, die ideale Kamera für Reisefotografie zu finden, um ohne große Belastung unterwegs zu sein. Und einer der wichtigsten Faktoren ist das Gewicht. Wenn man komfortabel unterwegs sein möchte, dann ist weniger tatsächlich mehr.

Schön heutzutage ist aber, dass eigentlich alle Anbieter von Kameras ausreichende Bildqualität bieten – so kann man auch gut neben dem Gewicht an Hand eigener Vorlieben entscheiden.

Das Standardobjektiv

Häufig nutzt man Kameras mit Wechselobjektiven – diese bieten einen deutlich höheren kreativen Freiraum als Smartphones, da sie durch Wechsel des Objektivs unterschiedliche Bildeindrücke erzeugen können.

Doch auch bei Kameras mit Wechselobjektiven wird es immer ein Objektiv geben, welches die meiste Zeit auf der Kamera klebt – die Rede ist dann von dem persönlichen Standardobjektiv oder ‚Immerdrauf‘. Für den Einen ist das eine feste Brennweite, für den Anderen ein Zoom, welches durch einen variablen Bereich der Brennweite bewegt werden kann. Wenn man nicht schon lange und bewußt fotografiert, dann fällt einem die Antwort auf die Frage, welches die bevorzugte Brennweite ist, nicht sehr einfach.

Ein guter Trick hier ist es, seine Fotos in einer App zu haben (Lightroom usw.) welche es unterstützt, die Fotos nach Brennweite aufzulisten. Die Fotos mit den meisten Treffern pro Brennweite geben einen guten Hinweis darauf, welches Objektiv gut als ‚Immerdrauf‘ geeignet wäre – oder in welchem Bereich sich die meisten Fotos bewegen. Bei mir wäre der Gewinner die (in Kleinbild umgerechnete) Brennweite von 35mm.

35mm KB Äquivalenz gilt als die ‚klassische‘ Reportagebrennweite
Mit genügend Lichtstärke versehen, kann ein 35mm Objektiv auch genügend freistellen

Bei der Wahl des Objektivs gibt es je nach System häufig unterschiedliche Gütestufen von Objektiven. Bei Canon beispielsweise sind die ‚Profiobjektive‘ der so genannten ‚L-Klasse‘ zugeordnet und mit allerlei technischen Finessen gesegnet (Dichtungen, Stabilisatoren, Lichtstärke).

Allgemein kann gesagt werden, dass es einfacher ist, leichte und gute Objektive als so genannte Festbrennweiten zu finden denn als Zooms. Wer also gerne mit einer Festbrennweite fotografiert, der spart in der Regel deutlich Gewicht ein und gewinnt normalerweise noch Lichtstärke dazu – ein ideales ‚Immerdrauf‘ sollte die bevorzugte Brennweite oder den Bereich abbilden, qualitativ hochwertige Bilder machen und lichtstark sein, damit man die Kamera in einer Vielzahl an Situationen einsetzen kann.

Ein gutes Beispiel für frappierende Unterschiede im Gewicht und der Größe: So wiegt das hochwertige Canon L Zoom 24-70mm mit F/2.8 805 Gramm, das Fujifilm 23mm F/1.4er Festbrennweite Objektiv liegt bei ziemlich genau 300 Gramm und hat die vierfache Lichtstärke (zwei Blenden weitere Öffnung). Der Gewichtsunterschied liegt bei mehr als 500 Gramm – was einer kleinen Flasche Wasser entspricht.

Die passende Kamera

Nachdem das Objektiv nun geklärt ist, kann man weiter zur Kamera gehen. Und ab da wird es spezifisch, ab da kommt die Systemfrage auf. Möchte man möglichst leicht sein, dann schaut man zuerst bei den so genannten ‚Spiegellosen‘ – das sind Kameras, welche kein mechanisches Spiegelgehäuse haben, und daher in der Regel weniger voluminös und gewichtig aufbauen als die so genannten Spiegelreflex Kameras. Gute Beispiele dafür sind Fuji, Olympus, Panasonic, Sony und viele mehr. Die passende Kamera zu der beliebten Brennweite zu finden, kann u.U. sehr einfach oder sehr schwierig sein. Ein guter Tipp ist es, einfach mal ein paar Modelle zu ‚begrabbeln‘ und auszuprobieren. Und dabei ruhig auf das Gewicht und die Abmessungen schauen. Bei Fujifilm beispielsweise wiegt die X-T3 540 Gramm, während die X-T30 mit deutlich schlankeren Fuß und etwa 384 Gramm um die Ecke kommt.

Features wie Dichtungen gegen Wasser, ein ‚unzerstörbares‘ Gehäuse oder ähnliche ‚ruggedized‘ Optionen habe ich persönlich noch nie vermisst – in strömenden Regen fotografiere ich nicht, und Reporter in Kriegsgebieten möchte ich auch nicht werden. Verzichtet man auf diese Funktionen, gewinnt man Leichtigkeit im Gehäuse. Am Beispiel der Fujifilm X-T30 etwa 156 Gramm. Das ist fast schon ein kleines Tischstativ (170 Gramm).

Als Beispiel und zur Gegenüberstellung: Eine Canon EOS 80D Spiegelreflex Kamera liegt vom Gewicht her bei 730 Gramm.

Gewicht ist ungleich Systemgewicht der Kamera

Eine leichte Ausrüstung ergibt sich durch die Summe des Gewichts aller Teile einer Ausrüstung. Und da kommt Einiges zusammen – immerhin sollte die Kamera nicht eine zweite Tasche sein, sondern eine Tasche sollte alle wichtigen Dinger für einen Tagesausflug enthalten.

Die richtige Tasche

Nicht nur die Damen brauchen eine Tasche, auch uns Männern macht die richtige Tasche mehr Freude als die Plastiktüte vom Aldi. Auch hier gibt es natürlich verschiedene Varianten – vom Kamerarucksack über Schultertaschen ist das angebotene Spektrum der Lösungen groß.

Eine optimale Reisetasche sieht meiner Meinung nach so aus:

  • Kann auf unterschiedliche Weisen getragen werden (beispielsweise überkreuzt oder direkt auf einer Schulter
  • Sollte sich den Körperkonturen anschmiegen, und damit möglichst bequem zu tragen sein
  • Die Aufteilung muss zur benötigten Ausrüstung passen
  • Sie sollte noch etwas Platz übrig lassen, um Dinge mitzunehmen, die nichts mit dem Fotografieren zu tun haben (kleines Getränk, Sonnenmütze, Dokumente)
  • Sie sollte so zu packen sein, dass sie neben der Ausrüstung für die Tagestour auch andere Dinge fassen kann, die man Abends im Hotel noch benötigt (iPad/Computer zur Bildbearbeitung o.ä., Ladegeräte für die elektronischen Spielereien, Kopfhörer für den Flug, Medikamente, Ausweise und Reisedokumente usw.)
  • Sie sollte wasserdicht sein, um bei längeren Touren die Ausrüstung sicher zu verwahren
  • Sie sollte auch ohne Kamerautensilien nutzbar sein – beispielsweise indem man die Innenaufteilung herausnimmt, und dann genügend Platz für einen Einkaufsbummel oder alltägliche Besorgungen hat

Eine Tasche, die nur den Fotokram fasst und nicht anderweitig genutzt werden kann, ist für mich zumindest keine große Hilfe. Einen alltäglichen Nutzwert sollte die Tasche auf jeden Fall haben. Das erhöht die Chance, dass man sie mitnimmt.

Meine Ausrüstung

Gemäß dem obigen Credo habe ich meine Ausrüstung zusammengestellt und möchte mit euch kurz zwei Fotos teilen: Einmal ein Foto meiner Ausrüstung für die Tagestour und einmal ein Foto mit meiner Ausrüstung für Reisen (egal wohin).

Die Tagestour

Bei einer Tagestour brauche ich etwas zu trinken, einen Sonnenschutz und die Gewissheit, immer genügend ‚Saft‘ (Strom) zu haben, um das Smartphone zu bedienen, bei Bedarf nach 600 Bildern noch die Kamera laden zu können und natürlich fotografieren zu können. Daher sieht meine Ausrüstung so aus:

  • Kamera: Fujifilm X-T20 spiegellose Kamera mit Handschlaufe zur Sicherung und Griffverbreiterung
  • Objektiv: Fujifilm XF 23mm F/1.4 (mein persönliches ‚Immerdrauf‘)
  • Filter: 3 x ND Filter (unterschiedliche Stärken)
  • Stativ: Kleines Tischstativ für Langzeitaufnahmen / Gruppenaufnahmen usw.
  • Technik: Mittlere Powerbank mit 5000mAh und ‚Spinne‘ um alle Geräte laden zu können, ein Ersatzakku für die Kamera, Ersatzspeicherkarte, Adapter Kamera
  • Sonstiges: Faltbare Sonnenmütze, Schmerzmittel, Taschentücher, Brillentücher, Schreibstift, Lenspen
  • Entspannung: Kindle Paperwhite Buch für Pausen
  • Getränk: Eine 500ml Flasche
  • Tasche: Billingham Hadley Pro mit Schultergurt SP-40 und Namensschild für Reisen

Das Gewicht der Tasche liegt wie oben gepackt bei etwas über 3,5 Kilogramm. So etwas kann ich entspannt den ganzen Tag mit mir herumtragen. Grundlegend kann ich die Taschen von Billingham nur empfehlen. Sie sind wasserdicht, ohne das man eine Hülle rüberziehen muss, und passen sich direkt der Körperform an. Außerdem lässt sich die Polsterung mit den Fächern für die Kameraausrüstung entfernen, und man erhält dann so einen klassischen Messengerbag, der an der Destination auch anderweitig verwendet werden kann.

Auf Reisen

Im Prinzip entspricht die Packliste bei Reisen genau der Liste für Tagestouren, es ist nur mehr drin. Überschüssiges Gewicht kann man dann im Hotel deponieren und wieder entspannt losziehen. Folgende Dinge habe ich bei Reisen dabei (Flüge, Urlaube usw.):

  • Weiteres Objektiv (55-200mm Zoom) für mehr Reichweite an Stelle des Getränkes
  • IPad und Adapter für Bildübertragung
  • Apple Pencil für Bildbearbeitung
  • Adapter und Ladekabel für iPad
  • Wichtige Reisemedikamente
  • Adapter und Ladekabel für meine Uhr
  • Reisedokumente
  • Eventuell Kopfhörer mit Noise Cancelling

So gepackt wiegt die Tasche dann immer noch unter fünf Kilogramm, passt perfekt ins Handgepäck oder an den Sitzplatz im Zug. Am Ziel angekommen packe ich die Dinge aus, die ich nicht brauche – und ziehe wie üblich los.

Autor: Der IT Camper

Klare Kante. Kein Bullshit-Bingo. Content zu Themen rund um Gesellschaft und Informationstechnologie. Creator. Blog, Podcast und Vlog.

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